Waren Initial Coin Offerings vor kurzem nur unter Krypto-Fans viel diskutiert und mancherorts als Scams verschrien, erhalten Sie heute immer mehr Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit.
Während Venture Capital Firmen und Startups erkunden, ob sie sich als alternative Finanzierungsmethode eignen, beginnen sich auch konservative und institutionelle Anleger für die Investition in seriöse, wohlbetreute ICOs zu interessieren.
Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) hat nun einen 72-seitigen Bericht über die Eigenschaften und rechtlichen Aspekte von Initial Coin Offerings vorgelegt. Darin geht man der Frage nach, ob ICOs als Finanzierungsform für KMUs geeignet sind.
Auf den 72 Seiten werden ICOs in vielerlei Hinsicht analysiert, auf Vorteile und Nachteile hingewiesen und die allgemeine rechtliche Situation von ICOs diskutiert. Auf den Punkt gebracht lautet das Urteil der OECD: ICOs als Finanzierungsform für KMUs bieten viel Potenzial, allerdings nur unter einigen wichtigen Voraussetzungen.
Die inklusive Wirkung und geringe Mindestinvestitionen als Vorzüge von ICOs
Einer der größten Vorteile von ICOs gegenüber anderen Finanzierungsarten ist deren inklusive Wirkung. Die Autoren weisen darauf hin, dass aufgrund der effizienten Ausgabe von Anteilen beziehungsweise Token mittels Smart Contracts, dem geringeren administrativen Aufwand der Ausgabe, und vor allem der möglichen Tokenisierung von zugrundeliegenden Vermögenswerten (Stichwort „fractional ownership“), ICOs Kleinanlegern den Zugang zu bisher nicht erreichbaren Investitionsprodukten bieten. In diesem konkreten Fall natürlich die Frühphasenfinanzierung von vielversprechenden Start-ups.
Moment einmal, was versteht man überhaupt unter „fractional ownership“? Dieser Begriff beschreibt die Tatsache, dass Token unterteilt werden und Investoren auch bestimmte Teile von Token erwerben können. Dadurch ist es möglich, dass Investoren schon mit relativ geringen Investitionssummen in ICOs partizipieren können. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Anzahl an potenziellen Investoren um ein Vielfaches steigt, wovon natürlich auch das ausgebende Unternehmen profitiert. Anstatt einigen wenigen Investoren zu pitchen, kann und muss man sein Unternehmen einem breiten Publikum von Interessenten medienwirksam präsentieren. Somit steht das Thema ICO-Marketing im Fokus.
Die inklusive Wirkung kann sogar soweit gehen, dass Tokeninhaber Mitspracherechte bzw. Teilnahme in der Entscheidungsfindung bzw. der Governance des Unternehmens haben. Auch dieses fortschrittliche Setup wird durch die Verwendung von Smart Contracts möglich. Die Autoren gehen gar soweit, zu behaupten, dass „A company issuing tokens effectively enrols future users of its product (before the actual product/service is even operational)”.
Netzwerkeffekte als größter Vorteil von ICOs für Blockchain-basierte Unternehmen
Der Bericht evaluiert zwar allgemein die Eignung von ICOs zur Finanzierung von KMUs, doch könne diese Frage nicht unabhängig von der Geschäftstaktik beziehungsweise dem Tätigkeitsbereich des Unternehmens beantwortet werden. Die OECD betont einen großen Vorteil von ICOs gegenüber anderen Finanzierungsformen, der in der bisherigen Diskussion kaum beachtet wurde: Netzwerkeffekte.
Netzwerkeffekte sind ein Konzept, das aus dem Bereich der Volkswirtschaftslehre stammt. Sie beschreiben das Phänomen, dass mit steigender Anzahl von Teilnehmern an einem Netzwerk der Wert dieses Netzwerkes für jeden der Teilnehmenden steigt und die Anzahl an möglichen Verbindungen zwischen den Teilnehmern für jeden einzelnen steigt. Mit anderen Worten: umso mehr Benutzer etwa eine Online-Plattform nutzen, oder umso mehr Investoren an einem ICO teilnehmen, desto wertvoller wird die Teilnahme an diesem Netzwerk für jeden einzelnen Teilnehmer.
ICOs sind, so argumentieren die Autoren des Berichtes, geeignet, diese Netzwerkeffekte zu schaffen. Dies liegt an dem sich gegenseitig verstärkenden Einfluss von Investoren und Benutzern. Interessierte Investoren, die auch zu Benutzern der Plattform werden erhöhen wiederum die Adoptionsrate der Plattform, welche zu einer Wertsteigerung der gesamten Plattform führt. Der erhöhte Wert der Plattform kann wiederum dazu führen, dass bestehende Benutzer auch zu Investoren im ICO werden wollen, oder weitere Investoren „von außen“ gewonnen werden können. Dabei ist natürlich anzumerken, dass allerdings nicht alle Teilnehmer an einem ICO auch wirklich langfristige Investoren sind, sondern sich darunter auch Spekulanten befinden. Netzwerkeffekte entstehen nur durch die langfristigen Investoren und Plattform-Benutzer, Spekulanten hingegen reduzieren mit steigender Anzahl die erzielten Netzwerkeffekte im Ökosystem.
Für Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf der Nutzung von DLT- bzw. Blockchain-Technologie basiert, können diese Netzwerkeffekte im Zuge eines Initial Coin Offerings beobachtet werden. Deshalb betrachtet die OECD ICOs für solche Unternehmen als sehr vielversprechende Finanzierungsmethode.
ICOs eignen sich kaum für Unternehmen ohne DLT-Technologie
Kritischer ist die Einschätzung hingegen für Unternehmen, die vollkommen ohne DLT arbeiten. Weil der Netzwerkeffekt um die Ausgabe von Tokens hier nicht entsteht, seien ICOs mit ihren gegebenen Nachteilen den Aufwand und das Risiko in diesem Fall nicht wert. Dennoch hätten einige Unternehmen sich für ICOs entschieden, was nach Einschätzung der Autoren des Berichts daran liegt, dass man „das Momentum des Marktes“ ausnutzen wolle.
Wenn das Geschäftsmodell keine Blockchain verlangt, wären die Vorteile eines ICOs auf geringere Kosten und höhere Geschwindigkeit der Finanzierung beschränkt. Angesichts genannter Nachteile von ICOs und der Tatsache, dass die Notwendigkeit der Nutzung von Tokens für Transaktionen nach Ausgabe ein Hindernis darstellen kann, rät die OECD solchen KMUs entschieden dazu, eine andere Form der Finanzierung zu wählen.
Weitere große Vorteile von Initial Coin Offerings
Abgesehen von den ausführlich diskutierten Netzwerkeffekten bieten Initial Coin Offerings noch eine Reihe anderer Vorteile, die ebenfalls gewürdigt werden. Zum einen ist dies die erhöhte Effizienz der Kapitalbeschaffung, weil diese automatisch von Smart Contracts abgewickelt werden kann und der kostspielige Einsatz zentraler Aufsichtsbehörden entfällt. Dadurch wiederum ist es für Unternehmen möglich, eine breitere Zielgruppe von potenziellen Investoren anzusprechen, was auch ein höheres Potenzial an zu lukrierendem Kapital bedeutet. Mancherorts spricht man gar von einer „Demokratisierung“ der Finanzierung von KMUs, weil bisher mächtige Player einen Teil ihres Einflusses verlieren.
Diese erhöhte Effizienz bedeutet natürlich auch eine Kostenreduktion gegenüber anderen Finanzierungsformen wie einem Initial Public Offering, wo hohe Kosten für die emittierende Bank und deren Underwriting Services fällig werden. Von diesen Kostenersparnissen sollten im Idealfall sowohl emittierendes Unternehmen als auch die Investoren profitieren.
Die Bedeutung durchdachter und nachhaltiger Token Economics
Ebenfalls im Detail erörtern die Autoren die Bedeutung und Notwendigkeit von gut durchdachten Token Economics. Darunter verstehen sie alle Entscheidungen, welche die Ausgabe und Umsetzung eines Tokens im Ökosystem eines ICOs sowie die Möglichkeit dessen Verwendung durch Benutzer betreffen. Dies umfasse neben der Struktur des Angebots auch die Preissetzung für den Token sowie Verkaufsmodelle und Verteilungsmechanismen.
Die Struktur des ICO Offerings hat vor allem sicherzustellen, dass es dem Unternehmen gelingt, einen möglichst hohen Grad von Kontrolle über die Wertentwicklung des Tokens zu bewahren und die Gefahr eines künftigen Wertverlustes nach Ende des ICOs gebannt werden kann. Erschwert wird dies allerdings durch die Tatsache, dass es für ausgebende Unternehmen nur kaum möglich ist, abzuschätzen, wie hoch der Finanzierungsbedarf für künftige Produktentwicklung, Marketing, etc. sein wird. Werden nach einem ersten ICO zu späterem Zeitpunkt weitere Token ausgegeben, kann diese inflationär-wirkende Maßnahme neben einer Verärgerung vor allem zu einem Vermögensverlust für Tokeninhaber werden.
Die Verwendung von minimalen und maximalen Investitionssummen für einzelne Investoren, als auch Soft Cap und Hard Cap für den gesamten ICO wird als Maßnahme vorgestellt, um diese Risiken möglichst gut abzufedern. Auch die Bildung von Rücklagen, die für einen bestimmten Zeitraum auch von den Gründern nicht angetastet werden können, ist ebenfalls ein möglicher Ansatz, um Unsicherheiten auszuräumen.
Globale Zusammenarbeit & die Notwendigkeit internationaler Regelungen
In ihrer Natur als supranationale Organisationen ruft die OECD zur engeren internationalen Kooperation und Debatte in diesen Angelegenheiten auf. Nur so könnte man einen sicheren und vertrauenswürdigen Rahmen schaffen, rechtliche und finanzielle Arbitrage durch Alleingänge von Nationen verhindern und die Potenziale von ICOs als Finanzierungsmethode auch tatsächlich ausschöpfen.
Man schreibt daher:
“Given the global nature of ICOs issuing and trading across borders, cooperation at the international level is warranted for a coordinated global approach that will prevent regulatory arbitrage and allow ICOs to deliver their potential for the financing of blockchain-based SMEs, while also adequately protecting investors.”
Ungelöste Probleme, wichtige Nachteile und Kinderkrankheiten von ICOs
Doch natürlich wird auf ICOs als Finanzierungsform für KMUs kein Loblied gesungen. Viel mehr gäbe es, so die OECD, aktuell noch eine Fülle von Hindernissen, ungelösten Problemen und offenen Fragen, die dem Aufstieg von ICOs zur gängigen Finanzierungsform im Wege stünde. Welche das sind? Zunächst einmal ist dies die regulatorische Ungewissheit für Investoren und Emittenten, welche aus einer Vielzahl von Faktoren resultiert. Oft sei nicht klar bzw. nicht ersichtlich, welche Gesetzgebung und welche Regelungen für einen konkreten ICO anwendbar sind. Zudem kann es an Aufsicht durch eine kompetente Behörde mangeln, was das Risiko für Investoren weiter steigen lässt. Natürlich macht ein fehlendes gesetzliches Rahmenwerk auch gerade für die betroffenen Unternehmen die Gefahr möglicher Gesetzesverstöße und strafbarer Handlungen größer.
Auch ungeklärte Fragen auf technologischer Ebene, wie etwa die rechtliche Durchsetzbarkeit und Verbindlichkeit von Smart Contracts säen Ungewissheit und Verunsicherung. Weil in der Regel noch keine verbindlichen Vorgaben hinsichtlich Informationspflichten bestehen, und Whitepaper nicht von unabhängigen Institutionen überprüft werden, würde dies Informationsasymmetrien zwischen Gründern und Investoren noch zusätzlich erhöhen.
Ein weiterer Nachteil ist die Schwierigkeit der Bewertung von Tokens. Da viele ICOs für Unternehmen erfolgen, deren Lösung sich noch im Konzeptstadium befindet, stünden Investitionen oft noch keine realen Marktwerte gegenüber. Es kann zu Interessenskonflikten kommen, wenn Gründer nach einem Tokensale bereits eine große Wertsteigerung ihrer Token erfahren haben, ohne, dass es eine ernsthafte Weiterentwicklung des Konzepts bzw. Produkts gab.
Doch auch Spekulanten, die nur in einen ICO investieren, um die erworbenen Token möglichst bald nach dem ICO bei maximaler Wertsteigerung wieder zu veräußern, stellen eine Gefahr für die Höhe und Stabilität des Wertes von Token da. Für Unternehmen kann dies im Extremfall dazu führen, dass man keinen Einfluss mehr auf den Wert der verwendeten Token hat. Da das Unternehmen für seine Leistungen auch in Tokens bezahlt wird, gefährdet eine solche Entwicklung sehr rasch die Liquidität und den Weiterbestand des KMUs.
Auch weitere Nachteile und Risiken werden hervorgehoben. Darunter etwa die Schwierigkeit, den genauen Finanzierungsbedarf im Vorfeld abzuschätzen, oftmals fehlende Mechanismen zur Verhinderung eines Wertverlusts des Tokens sowie die stets präsente Gefahr von Hacks (sei es auf der Webseite, Krypto-Exchanges oder gar des Blockchain-Netzwerkes durch eine sogenannte „51% Attack“).
Die Lösung: rechtliche Sicherheit schaffen und Blockchain-Potenziale nutzen
Was bedeutet der OECD-Bericht nun für KMU und sonstige Unternehmen, die planen einen ICO oder STO durchzuführen? Der Report stellt einen umfassenden und wichtigen Ansatzpunkt dar und weist berechtigterweise auf die Gefahren und Risiken hin. Es ist allerdings auch festzuhalten, dass sich manche Regierungen schon genau dieser Problematik angenommen und einen Ausweg für die diskutierten Probleme erarbeitet haben.
Die Blockchain Island Malta verfügt als erstes Land der Welt über ein klares rechtliches Rahmenwerk für die DLT-Technologie. Viele der genannten Problematiken werden vollständig entschärft, rechtliche Ungewissheit eliminiert. Der Virtual Financial Assets Act sieht die verbindliche Durchführung von AML- und KYC-Verfahren vor und gibt Unternehmen Informationspflichten für Unternehmen bzw. Mindestangaben für Whitepaper vor.
Die Malta Digital Innovation Authority (MDIA) überprüft als zuständige Aufsichtsbehörde alle in Malta angestrebten ICOs im Detail und muss ihre Genehmigung erteilen. Wurden die hohen Anforderungen zur Gänze erfüllt, können Unternehmen ihr DLT-Modell in einer von 4 Lizenzklassen lizenziert bekommen und Investoren Sicherheit bieten. Die Konstruktion des Rahmenwerks bietet gleichzeitig die nötige Flexibilität, um zukünftige Anwendungsfälle der Blockchain sorgenfrei erkunden zu können.
Die in Malta ansässigen Krypto-Exchanges Binance und OkEX sind erreichbar und versorgen das Unternehmen im Falle einer erfolgreichen Notierung mit der gewünschten Liquidität am Sekundärmarkt. In Malta können ICOs nur mit Hilfe eines lizenzierten VFA-Agenten beantragt und durchgeführt werden. Dies ist eine weitere Maßnahme zur Gewährleistung eines integren und vertrauenswürdigen Ökosystems.