Nun ist es schon fast wieder einen Monat her, dass Jean-Claude Juncker, der EU-Kommissionschef auf Malta für eine Bürgersprechstunde zu Besuch war. Dennoch möchte über dieses Treffen berichten, denn es zeigt die aktuelle Verfassung der EU sehr gut auf. Die Bürgersprechstunde fand am 30.03, also genau einen Tag nach dem offiziellen EU-Austrittsgesuch der Briten statt. Viele mögen sich jetzt denken, dass das Thema Brexit, bei dem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Austritt dominieren würde. Doch mit dieser Einschätzung wird man der EU nicht gerecht.
Einverstanden, mit Großbritannien verlässt eines der wirtschaftsstärksten Länder die EU und man sollte das politische Gewicht dieses Austritts nicht kleinreden. Gerade auch hier auf Malta wird der Austritt mit etwas Wehmut betrachtet, gibt es doch unzählige Überbleibsel der britischen Kolonialzeit auf der Insel. Insgesamt steht nicht weniger als der Zusammenhalt der gesamten Europäischen Union auf dem Spiel.
Doch die Fragen der Bürgersprechstunden befassen sich auch mit Sachverhalten wie zu hohen Pensionsbezügen, zu wenigen Frauen in der EU-Führungsebene oder der Flüchtlingsproblematik. Hier in Valletta hat man gemerkt, dass es auch andere wichtige Themen gibt, die die EU-Bürger umtreibt. Wie geht es weiter mit dem Kontinent, der als der reichste der Welt gilt? Gerade für Malta, das fast genauso nah wie Spanien am afrikanischen Kontinent liegt, sind das entscheidende Fragen. Juncker bezieht hier Stellung und sagt: „Wenn es um Afrika geht, sind wir schuldig. Wir sind der reichste Kontinent der Welt, und wir machen in Afrika nicht das, was wir müssten.“ Es bleibt abzuwarten, welche Handlungen diesem Schuldeingeständnis folgen.
Am Ende der Fragerunde macht sich ein junger Mann für die gesellschaftliche Stellung der Großeltern stark, die soviel für das Land geleistet hätten. Mit einem Lächeln wiegelt Juncker ab, meint, er habe nun keinen Sinn für derartige Sorgen, er habe „den Brexit“.